Eiweißstoffwechsel einfach erklärt. Wie funktioniert der Eiweißstoffwechsel und was heißt das für den Muskelaufbau.

Inhaltsverzeichnis

Der Aminosäurepool im Eiweißstoffwechsel

Aminosäuren, die durch die Darmwand aufgenommen wurden, befinden sich nun im sogenannten Aminosäurepool, die die Leber und Blutbahn bezeichnet. Die Leber kann bis zu 100g Aminosäuren speichern und in den Blutspiegel des Blutkreislaufes abgeben, um diesen in Höhe von 10 – 20g Aminosäuren aufrecht zu erhalten. In diesen Aminosäurepool gelangen sowohl Aminosäuren aus der Nahrung, als auch die von der Leber selbst hergestellten oder im Körper abgebauten Aminosäuren.

Falls es hart auf hart kommt, kann der Aminosäurepool bis zu 6 Stunden eine durchgehende Aminosäureversorgung leisten. Daraus lässt sich jetzt schon folgern, dass es nicht nötig ist, alle 2 – 3 Stunden für den Muskelaufbau zu essen. Es kommt vielmehr darauf an, auf den gesamten Tag betrachtet, die richtige Menge an Eiweiß zuzuführen. Hinzu kommt, dass Nahrungsmittel über sehr lange Zeit Nährstoffe aus dem Darm in die Blutbahn abgeben (bis 20 – 24h), was den Beginn der 6 Stunden weit hinauszögert. Auch was die Wertigkeit betrifft, kann der Aminosäurepool Mahlzeiten oder kleinere Snacks aufwerten, falls nur Aminosäuren geringerer Wertigkeit in diesen enthalten sind.

Wie viel Eiweiß pro Tag?

Wie bewerte ich die Eiweiß Qualität?

Eiweißstoffwechsel

Auch beim Eiweißstoffwechsel finden Auf- und Abbauprozesse gleichzeitig statt, sodass insgesamt ca. 200 – 300g Aminosäuren pro Tag im Körper im Umlauf sind. Die abbauenden Prozesse im Körper werden auch Katabolismus genannt, speziell bei Eiweißabbau heißt es Proteolyse. Entsprechend heißen die aufbauenden Prozesse im Körper Anabolismus und der Aufbau von Eiweißen Proteinbiosynthese. Der Körper baut eben nicht nur Muskelgewebe auf und ab, sondern eben auch Enzyme, Blutkörperchen, Antikörper usw.. Nicht alle Aminosäuren, die abgebaut werden, werden auch wieder für einen Aufbau verwendet, sondern sie werden direkt komplett zur Energiegewinnung oder zu Speicherung als Energie in Kohlenhydrate und Fett abgebaut.

 

Stickstoffmessung

Dieser komplette Abbau im Eiweißstoffwechsel ist nun das Entscheidende. Dieser Abbau kann bedeuten, dass die Aminosäure in Kohlenhydrate oder Fett umgewandelt oder verbrannt wird. Bei dem Abbau wird die Aminogruppe vom Kohlenstoffgerüst abgespalten. Wir erinnern uns, dass in der Aminogruppe Stickstoff enthalten ist, weshalb man auch von einer Stickstoffverbindung spricht. Diese Stickstoffverbindungen werden weiter zu Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin und weiteren Abbauprodukten umgewandelt, die dann ausgeschieden werden.

In diesen Ausscheidungen ist der Stickstoff aber noch enthalten, was man sich nun bei der Bestimmung der optimalen Proteinzufuhr zunutze macht. Dabei „zählt“ man die Stickstoffe, die ausgeschieden werden und die, die man durch Proteine zuführt. Wenn nun mehr Stickstoff ausgeschieden als durch Protein neu zugeführt wird, spricht man von einer negativen Stickstoffbilanz, die auf einen Eiweißabbau schließen lässt. Führt man umgekehrt mehr Eiweiß zu als Stickstoff ausgeschieden wird, um eine positive Stickstoffbilanz zu erreichen, schließt man auf einen Eiweißaufbau.

 

Stickstoffbilanz und Muskelaufbau

Dazu ist allerdings anzumerken, dass eine positive Stickstoffbilanz nicht gleich Muskelaufbau bedeutet, da eben viele weitere Bereiche im Körper auf Aminosäuren angewiesen sind und dort ebenfalls Aminosäuren auf- und abgebaut werden. Allerdings wirkt sich logischerweise eine positive Stickstoffbilanz positiv auf den Muskelaufbau bzw. Muskelerhalt aus, da so gewährleistet ist, dass genügend Aminosäuren vorhanden sind. Aus diesen Messungen des Stickstoffes lassen sich dann eben pauschale Zahlen herleiten, wieviel Eiweiß ungefähr je nach Geschlecht und KFA und Energiebilanz zugeführt werden muss, um eine positive bzw. ausgeglichene Stickstoffbilanz zu erreichen, um den Muskelerhalt bzw. -aufbau optimal zu unterstützen.

 

Mehr Eiweiß umso besser?

Dabei gilt allerdings nicht: Je mehr Eiweiß Du isst, desto besser wird die Stickstoffbilanz. Überschüssige Eiweiße, die keine Verwendung finden, werden im Eiweißstoffwechsel in Zucker bzw. Fett umgewandelt bzw. als Energieträger abgebaut. Das bedeutet, dass ab einem gewissen Punkt der Aminosäureabbau durch eine überhöhte Zufuhr von Eiweiß steigt und sich die positive Stickstoffbilanz nicht weiter verbessern lässt.

Es wäre also falsch zu glauben, je mehr, desto besser; oder sogar je mehr Eiweiß Du isst, desto mehr Muskeln baust Du auf. Ab einem gewissen Punkt ist das Maximum, das an Aminosäuren gebraucht und genutzt wird, eben erreicht. Die genauen Angaben, wieviel Eiweiße denn nun zugeführt werden sollten, erfährst du in der Lektion „Zusammenführung“ unter der Betrachtung aller Informationen.

Ist zu viel Eiweiß schädlich?

 

Schnell & Langsam verdauliches Eiweiß

Es kursieren vielfältige Aussagen darüber, wieviel Eiweiß der Körper am Tag aufnehmen kann. Um die Diskussion abzukürzen, folgendes. Der Körper nimmt immer alles auf, egal ob es über den Tag verteilt oder auf einmal konsumiert wird. Es entgeht nahezu nichts. Um fair zu sein, es gehen bei der Verdauung ca. 4% verloren, was aber zu vernachlässigen ist. Je nach Mensch ist die Resorptionsgeschwindigkeit und Menge natürlich unterschiedlich, vor allem bedingt durch die Körpergröße, aber es wird trotzdem alles resorbiert.

Die Eiweiße werden auch unterschiedlich schnell resorbiert, je nachdem, wie lange die Aufspaltung in Peptide dauert. Daher kann man in schnell und langsam verfügbare Eiweiße im Eiweißstoffwechsel unterteilen. Der Klassiker für schnell verdauliche Eiweiße ist die Molke bzw. Whey, und für langsam verdauliche Eiweiße ist es das Kasein bzw. Casein. Beides sind Milchproteine, die im Verhältnis von 20% Molke zu 80% Kasein in Milchprodukten vorkommen. Diese Komponenten sind auch einzeln als Nahrungsergänzungsmittel käuflich zu erwerben.

Nahrungsmittel im Allgemeinen sind eher dem langsam verdaulichen Segment zuzuordnen, weil die Entleerung vom Magen in den Darm z.B. durch Fette verzögert wird. Gerade durch die im Magen entstehende Mischkost verlangsamt sich die Resorption im Magen, selbst wenn ein schnelles Eiweiß zugeführt wird. Wenn am Tag die insgesamt benötigte Proteinmenge konsumiert wird, spielt die Resorptionsgeschwindigkeit der Proteine für den direkten Muskelaufbau keine direkte Rolle, da durchgehend genügend Aminosäuren zur Verfügung stehen.

 

Quellen:

Deutz NE, Wolfe RR. Is there a maximal anabolic response to protein intake with a meal?. Clin Nutr. 2013;32(2):309-13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23260197/

Christian von Loeffelholz: Ernährungsstrategien in Kraftsport und Bodybuilding: Optimaler Muskelaufbau, beschleunigter Fettabbau, gesteigerte Kraftleistung. Novagenics; Auflage: 10 (1. November 2009)

Giessing, Jürgen: Das Muskelaufbautraining beim Bodybuilding. Eine kritische Analyse aus sportwissenschaftlicher Sicht. Tectum Wissenschaftsverlag; Auflage: 2., (September 2007)

Christian von Loeffelholz: Leistungsernährung für Kraftsportler – Strategien für Muskelaufbau, Fettabbau und optimale Regeneration. Novagenics Verlag; Auflage: 1. Aufl. (April 2002)

Tipton KD, Witard OC. Protein requirements and recommendations for athletes: relevance of ivory tower arguments for practical recommendations. Clin Sports Med. 2007;26(1):17-36. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17241913